Knapp 30 Jahre nach Beendigung meiner Dienstzeit auf dem Segelschulschiff Gorch Fock, war die SSS Gorch Fock 2013 zum 824. Hafengeburtstag Hamburgs an den Landungsbrücken Hamburg vor Anker. Ich habe daher die Gunst der Stunde genutzt und bin mal wieder auf Deck gewesen und habe einige Bilder geschossen. Einiges hat sich nach 30 Jahren auf Deck verändert. Leider konnten wir nicht unter Deck gehen, da diese Bereiche gesperrt waren. So gibt es nur Bilder von “aussen”.
Geschichte
Als sich Mitte der Fünfziger die noch junge Bundesmarine über die Ausbildung des Offiziernachwuchses Gedanken machte, wurde schnell der Wunsch nach einem Segelschulschiff gehegt. Kein anderes Ausbildungsmittel vereinigt die gestellten Forderungen besser als dieses: praxis- und erlebnisorientierte Ausbildung des Offiziernachwuchses und der Repräsention der Marine, der Bundeswehr und somit der Bundesrepublik Deutschland im Ausland.
Die Wahl fiel auf die bewährte Konstruktion aus der Zeit vor dem Zweiten Welkrieg. Zwischen 1932 und 1939 wurde nach dem Untergang des Segelschulschiffs der Reichsmarine NIOBE eine neue Generation von Segelschulschiffen bei Blohm & Voss in Hamburg fünf mal auf Kiel gelegt. Nach leicht modifizierten Plänen entstand so 1958 ein sechstes Schiff, das – genau wie das erste Schiff dieser Klasse – auf den Namen GORCH FOCK getauft wurde.
Die erste GORCH FOCK (ex TOWARISCHTSCH / UdSSR) liegt heute als Museumsschiff im Hafen von Stralsund. Die EAGLE (ex HORST WESSEL), die SAGRES (ex ALBERT LEO SCHLAGETER) und die MIRCEA dienen der US Coast Guard, der portugisischen und der Rumänischen Marine als Schulschiffe. HERBERT NORKUS wurde nicht in Dienst gestellt und nach dem Krieg versenkt. Von diesem Schiff stammen Teile der Takelage der heutigen GORCH FOCK.
Seit 1959 werden Offizieranwärter der Marine auf der GORCH FOCK ausgebildet. Damit dies auch in Zukunft so bleiben kann, wird das Schiff ständig auf dem neusten Stand der Technik gehalten. So sind heute digitale Radargeräte, elektronische Seekarten oder Satellitenkommunikation genauso selbstverständlich an Bord wie traditionelle Seemannschaft, das Schlafen im Hängematten und der Klang der Bootsmannmaatenpfeife.
Der Namensgeber
Aber sein Wunsch, selber einmal Ewerführer zu werden, erfüllte sich nicht. Aufgrund seiner eher schwächlichen körperlichen Konstitution schickte ihn sein Vater nach der Schulzeit in eine Kontoristenlehre. Dort und später als Buchhalter bei der Hamburg-Amerika Linie haben ihn die Träume von der See und der Schifffahrt immer wieder verfolgt. Seine großen dichterischen Fähigkeiten ließen ihn deshalb eine Vielzahl von hoch- und niederdeutschen Geschichten schreiben, wie er überhaupt als ältester der drei dichtenden Kinaus derjenige war, der die plattdeutsche Sprache der Elblandschaft am treffendsten in die deutsche Literatur eingebracht hat.
Ausbildung
An Bord der GORCH FOCK wird in zwei unterschiedlichen Lehrgängen ausgebildet.
Im Vordergrund steht die Ausbildung der Offizieranwärter, der sogenannten Kadetten. Einmal im jahr bekommen aber auch zukünftige Unteroffizieranwärter des seemännischen Dienstes die Gelegenheit, ihren Fachlehrgang an Bord und nicht, wie sonst üblich , an der Marinetechnikschule Parow zu absolvieren.
Den Kadetten sollen an Bord zum ersten Mal Seebeine wachsen. Sie sollen – im wahrsten Sinne des Wortes – erfahren, was Teamwork auf See bedeutet: “an einem Strang ziehen” und “in einem Boot sitzen”. Das lässt sich mit dem Ausbildungsmittel Segelschulschiff hervorragend umsetzen, denn der Hauptbetrieb, die Takelage, wird mit reiner Muskelkraft bedient. Es existieren keine Winden oder hydraulische Einrichtungen die die Bedienung der Takelage oder auch nur das Rudergehen vereinfachen würden. So benötigt man allein vier Rudergänger gleichzeitig, um das Schiff auf Kurs zu halten, oder 90 Kadetten um die schweren Beiboote an Bord zu hieven. Für Segelmanöver müssen je nach Wetterlage und Seeraum manchmal alle Kadetten gleichzeitig eingesetzt werden. Selbst für das Einstellen der Segel zum Wind sind mindestens 30 Männer und Frauen Grundvoraussetzung. Und für das selbstverständlich nicht maschinelle Kartoffelschälen für die maximal 230 Mann starke Besatzung müssen schon zehn Kadetten tätig werden, wenn die Aktion nicht über Stunden dauern soll. Gemeinsam an einem Strang (und an besten noch in die gleiche Richting) zu ziehen gehört also zum natürlichen Alltag der GORCH FOCK.
Im Gegensatz zu landgebundenen Lehrgängen ähnlichen Inhaltes gibt es keine “Escape-Taste”. Ein Sturm lässt sich nicht abschalten, und der nächste Hafen ist unter Umständen Tage entfernt. Seefahrt ist auch auf der GORCH FOCK immer der Ernstfall. Dabei ist der einzelne Lehrgangsteilnehmer kein Gast an Bord, der bei Schwierigkeiten vom erfahrenen Stammpersonal ersetzt werden kann. Der Lehrgangsteilnehmer ist grundsätzlich derjenige, der das Schiff segelt, es zur See fährt, – ein vollwertiges Besatzungsmitglied also.
Die Unterbringung mit 30 Mann in einem Deck in Hängemattten, die wenige Freizeit durch eng gestrickte Lehrpläne, oder der Landgang in der obligatorischen Ersten Geige sind noch der i-Punkt der fordernden Ausbildung, während der man zu (fast) keinem Zeitpunkt unbeobachtet ist. Alles geschieht in der Gruppe, positive wie negative Folgen werden immer als Gruppe erfahren, alle sitzen, auf wie im Hafen stets in einem Boot.
Für die Unteroffizieranwärter des semännischen Dienstes ist zunächst einmal die gleiche theoretische Ausbildung wie in den anderen Quartalen an Land vorgesehen. Als Bonus kommen jedoch die praktischen Erfahrungen beim Umgang mit der traditionellen Takelage und das ganz besondere Gemeinschaftsgefühl auf einem Rahsegler hinzu. So entsteht ein praxisorientierter Fachlehrgang, der auf eine herausfordernde Weise erlebnis- und abwechslungsreich seemännische Lehrinhalte vermittelt.
Respräsentation im Ausland
Wenn die GORCH FOCK im Namen der Deutschen Marine, der Bundeswehr und somit der Bundesrepublik Deutschland Flagge zeigt, kommt sie in friedlicher Mission: Auftrag Völkerverständigung! Als Kriegsschiff unter Segeln und ohne Waffen ist die GORCH FOCK dabei in allen Häfen ein Anziehungspunkt für die Bevölkerung, aber auch exklusive Plattform für Empfänge. Hierzu ist der Landgangsanzug der Kadetten selbstverständlich Ausgehuniform, die “erste Geige”. So tritt nicht nur das Schiff, sondern auch seine Besatzung im Hafen und Stadtbild in Erscheinung, lädt automatiscfh zu Gesprächen und Fragen ein.
Neben umfangreicher Berichterstattung in der jeweiligen Lokalpresse und den Gesprächen bei offiziellen Empfängen sind es gerade die vielen kleinen Begegnungen von Besatzungsangehörigen und Einheimischen, die zur Völkerverständigung beitragen. So werden die Marinesoldaten auch immer wieder als Botschafter in Blau bezichnet.
Technische Daten
Länge (Rumpf): | 81,26 m |
Länge über alles: | 89,23 m |
Breite: | 12,00 m |
Tiefgang: | 5,50 m |
Verdrängung: | 1.860 t |
Segelfläche: | 2.080 qm |
Takelungsart: | Bark |
größte Masthöhe: | 45,30 m |
höchster Arbeitsplatz: | ca. 43,5m über der Wasseroberfläche |
größte Rahlänge: | 24,00 m |
Anzahl der Segel: | 23 + 1 (“Flieger” für Regatten) |
Geschwindigkeiten
Unter Maschine: | max. 13 kn (24 km/h) |
Marschfahrt: | 9 kn (17 km/h) |
Unter Segeln: | max. 15 kn (28 km/h) |
Besatzung: | max. 230 Personen, davon ca. 85 Stammbesatzung |
Kiellegung: | 06.03.1958 |
Stapellauf: | 23.08.1958 |
Indienststellung: | 17.12.1958 |
Quelle: www.marine.de